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So wirkt die schwarze Wandfarbe

Es ist viel leichter, sich viele Grüntöne als viele Schwarztöne vorzustellen. Wenn man sich eine schwarze Wand im Meetingraum vorstellt, ist man sofort sicher, dass sie zu dunkel wird. Stimmt das?

Nach C.G. Jung trägt jeder einen Schatten in sich. Je weniger man sich dessen bewusst ist, desto schwärzer ist er. Haben wir ein Problem mit Schwarz?

Eine Vielfalt!

Ich war 2016 Teilnehmerin an einem Podiumsgespräch zum Thema BLACKNESS im Getty Institute in Los Angeles. Dort habe ich dem Publikum 16 schwarze Farben vorgestellt – und die Seele der teils dunkelhäutigen Zuhörer:innen stark berührt. Die überraschende schwarze Vielfalt schien ihnen einen Weg aus der Erstarrung zu einer differenzierten Gleichberechtigung aufzuzeigen.

Vor dunklen Wänden sieht man besser aus

In der schwarzen Nacht leuchten die Sterne am hellsten. Nicht nur die Sterne! Stellen Sie sich vor eine weisse Wand, dann vor eine schwarze. Sie werden vor der dunklen Wand frischer und erholter aussehen. Prüfen Sie es mit Ihrem Handy! Es ist auch logisch, denn die weisse Wand blendet den Sehsinn und er muss sich vor den hellen, identischen Reflexionen schützen. Die Schutzreaktion dämpft aber alle Farben, nicht nur das Weiss. Vor weissen Wänden wirkt alles unscheinbarer: Menschen wie Sterne. Die dunkle Wand hingegen bleibt im Hintergrund, die Pupille bleibt weit offen und jede Farbe und die Details im Raum sind sichtbarer.

Für den Sehsinn erscheinen Menschen vor hellen, weissen Wänden im Gegenlicht. Vor weniger hellen Wänden werden sie besser gesehen. Getty Images

Weiss lenkt ab

Weiss ist die auffallendste Farbe, denn die Augen schweifen immer zuerst zu hellen Flächen. Weisse Wände trennen die Objekte im Raum voneinander und lenken ab. Farbkonzepte haben aber die Aufgabe, den Blick für wichtige Elemente im Raum freizuhalten. Die Wände im Rücken in Arbeits- und Wohnräumen, Meetingräumen und Ateliers sollten nicht heller als die belichteten Menschen im Raum sein.

Subtile Zwischentöne

Alles schwarz malen geht auch nicht. Schwarz-Weiss Denken verfehlt zwangsläufig mehr als die halbe Wahrheit. Das Bunte geht verloren und die subtilen Zwischentöne – die Differenzierung, die zu neuen Erkenntnissen führt.

16 Schwarze Farben. Jede ist aus anderen natürlichen und mineralischen Pigmenten. Stimmen Sie die Farbenwahl auf den Boden, auf das Licht und auf die Gesamthelligkeit ab. kt.COLOR

Schwarz im Farbkonzept

Das gelungene Farbkonzept versinnbildlicht diese Differenzierung. Die nicht absolut schwarze, nuancierte, natürlich materialisierte Wand belichtet das Leben im Raum. Sie fordert uns dazu auf, die feinen Nuancen zu beachten und Vorurteile zu prüfen. Wir werden dazu eingeladen, die Vielfalt in der scheinbaren Einheit zu suchen, die Monokultur aufzubrechen und lebendig zu machen.

Im Jahr 2014 habe ich diese Gedanken in einem Buch zusammengefasst und mit echten Farbtafeln ergänzt, die Ihnen zeigen, dass Schwarz wunderschön und eine sinnliche Erfahrung ist. Sie können das 2-bändige Werk mit 8 Essays und 24 grossen Farbtafeln für CHF 35 / € 30 plus Versand beziehen.

Buch Schwarz erwerben

Katrin Trautwein, überarbeitet am 9. Juni 2024

Quellen

Schwarz – Black. Katrin Trautwein, 2014. Lars Müller Publishers, Zürich 2014, ISBN 978-3-03778-382-5.

Über die Autorin

Dr. Katrin Trautwein (*1962 in Stuttgart) ist eine Schweizer Chemikerin, Buchautorin und Unternehmerin. Sie erforscht historische Farbpaletten, Pigmente, Farben und ihre Wirkung im Raum. 1997 hat sie die Farbmanufaktur kt.COLOR in Uster (CH) gegründet, die sich einen Namen mit der Herstellung von Farben aus natürlichen Pigmenten für die Architektur gemacht hat.

Ende der 90er Jahre begann sie mit der Erforschung der Farben des Architekten Le Corbusier. Auf ihren Forschungsarbeiten aufbauend, entwickelte sie moderne Rezepte für 81 Farben, die Le Corbusier zur Differenzierung seiner Baukunst eingesetzt hatte. Ihre Forschungsarbeiten haben diese Farben berühmt gemacht. Weitere Kollektionen hochwertiger Fassadenfarben, Wandfarben und Möbellacke unter Verwendung natürlicher Pigmente folgten. Sie gibt ihr Wissen in Büchern und im Rahmen einer umfangreichen Lehr- und Beratungstätigkeit zu den Themen Farbe, Licht und Raum, Farbrestauration und Farbgestaltung an Hochschulen, bei Architekten, Denkmalpflegern und Bauherren sowie in zahlreichen Veröffentlichungen weiter.