Wie wir Räume visuell erfassen

Wie wir Räume visuell erfassen

Was passiert, wenn Sie eine Türe öffnen und einen Raum erstmals sehen? In diesem Beitrag stelle ich Ihnen wichtige Wahrnehmungsregeln vor, die den Sehvorgang und unsere spontane Reaktion auf einen Raum lenken. Sie zu verstehen ist für den Erfolg von Architektur und Design zentral!

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Zu viele Kontraste verlangen viel Aufmerksamkeit, wie im Bild zu sehen (Daria Soboleva, AD-Magazine, 2021). Es gibt keinen Blickmittelpunkt, der uns Orientierung bietet. Alles wirkt gleich (un)wichtig.

Im letzten Beitrag habe ich den internen Dimmvorgang bzw. die automatische Anpassung an die Raumhelligkeit und die Anpassung an die Lichtfarbe beschrieben. Diese Anpassungsleistungen erzielen die Aufrechterhaltung von guten, augenschonenden Sehbedingungen und dienen der raschen Objekterkennung. Im Folgenden betrachten wir gut gestaltete Räume als besonders interessante Objekte. Sie sollen uns spontan und nachhaltig emotional tief berühren. Übrigens erfahren Sie in meiner Masterclass Farbe, Licht und Raum®, wie sie mit Ihren Farbkonzepten die Wirkung Ihrer Architektur gezielt lenken. Hier teile ich mit Ihnen die weiteren Wahrnehmungsregeln, die den Sehvorgang lenken.

Anpassung an die Helligkeit. Spektralabgleich. Kontraste beachten.

Unzählige Reflexionen gelangen von allen Oberflächen im Raum auf die Netzhaut. Sich ähnliche Reflexionen bilden Formen und dreidimensionale Objekte. Stellen Sie sich diese Aktivität wie eine aktive Abfrage der Umgebung vor: Ist etwas da? Ist es Teil von etwas Grösserem? Woraus ist es? Bewegt es sich? Ist es wichtig? Dabei erregen Kontraste, also Helligkeits- und Farbunterschiede, unsere Aufmerksamkeit. Zu viele Kontraste überfüllen den Raum. Gezielt gesetzte, klare Kontraste, die das Wichtige in den Vordergrund rücken und jeden Überfluss vermeiden, erleichtern uns die Objekterkennung und die rasche Orientierung.

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Angenehm: Gemässigte Kontraste aus überzeugenden Materialien. Sie sprechen eine Einladung aus. Unsere Blicke schweifen in die Berge, denn die hellsten Flächen sind im Fenster. Man kann sich gut auf die eigenen Gedanken konzentrieren (Rachel Davies, Architectural Digest, 11.08.2022).

Exkurs: Schönheit, Natürlichkeit und Harmonie

Unser Sehsinn erfasst nicht die Realität, wie sie ist, sondern ihre Gefahren und ihren Nutzen. Ist mir diese Umgebung wohlgesonnen? Unsere spontane, emotionale Reaktion auf einen Raum beantwortet diese Frage intuitiv und prärational. Ich und die Vertreter einer neuen Strömung der Wahrnehmungsfoschung vertreten die These, dass sich unser Sinn für Schönheit und Harmonie daraufhin entwickelt hat, uns wohtuende Umgebungen spontan erkennen zu lassen. Lassen Sie mich das an einem Gegenbeispiel verdeutlichen.

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Anstrengende Kontrastarmut: Im Richard-Meier-Kunstmuseum in Barcelona blickt man fast überall in das Gegenlicht. Die Flächen, die alle gleich hell und künstlich sind, halten einen gefangen in einer überdimensionierten, blendenden Umgebung ohne Kontraste und Ausgleich. Die Rauminhalte wirken klein und grau. Foto ©Shutterstock. 

So nicht!

Sie können bessere Räume als diesen gestalten! Zuerst darf der Raum nicht überall blendend hell sein, denn unser Sehsinn wird hier zuerst die abblenden und die Sehleistung herabsetzen. Das Umfeld wird dann auf relevante Objekte abgesucht. Wenn alles aber gleich hell und gleichfarbig ist, bleibt man im Leeren hängen. Verstehen Sie das bitte nicht falsch: Es gibt wunderbare weisse Architekturkonzepte, dieses scheitert an der Helligkeit, am Pigment und an der Kontrastarmut.

Positive Emotionen

Die Gesamtheit aller Kontraste führt uns zu einer spontanen Einschätzung des Raumnutzens: Geht es mir in diesem Raum gut? Die Kontrastlandschaft löst die Emotionen aus, die sich mit Ihrer Architektur verbinden. Ein einladendes Beispiel haben Sie mit dem Midcentury-Modern Interior gesehen. In meiner Masterclass zeigen ich Ihnen viele weitere Beispiele und überzeugende Farbkonzepte, die Ihre Architektur ins schönste Licht versetzen.

Katrin Trautwein

Juni 2023

zur Masterclass
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