Blau beruhigt. Angeblich. Angeregt von einem Blogbeitrag in LinkedIn habe ich die Quellen zusammengesucht. Zutreffend ist die Schlussfolgerung: „Architekten und Bauunternehmer [sollten] den positiven Einfluss von Farben nicht ignorieren.“ Für mich verwirrend dargestellt war der Zusammenhang zwischen blauer Farbe, Blaulicht und Emotionen. In diesem Blogbeitrag verfolge ich diese Spur damit Sie erfahren, ob Schlafzimmer blau gestaltet werden sollten und ob es schädlich ist, im Bett ein Tablet zu nutzen.
Eine Veröffentlichung von 2013 berichtet von einer 84%igen Verringerung der Suizidrate in japanischen U-Bahn-Stationen nach der Installation von blauen LED-Dioden. Das klingt phänomenal und erscheint auch zehn Jahre später regelmässig in der Presse. Blaulichtinstallationen in vielen internationalen Bahnstationen waren die Folge. Wie bei den rosaroten Gefängniszellen ist der Erfolg aber nicht eindeutig und die Statistik fragwürdig. Die Folgeuntersuchungen waren so widersprüchlich, dass die Autorin von Blaulichtinstallationen in U-Bahn-Stationen abrät. Gitter seien am Gleis anzubringen.
Ultramarinblau –beruhigend oder nicht? Foto ©kt.COLOR
Drei der fünf Photozellen im menschlichen Auge reagieren am empfindlichsten auf Lichtfrequenzen im Blaubereich. Das sind die Zellen, mit denen wir uns in Raum und Zeit orientieren. Unser Sehsinn und der Zeitsinn brauchen Blaulicht, denn die Stäbchen, die S-Zapfen und die Ganglion Cells, die uns chronobiologisch auf die Tageszeiten einstimmen, haben im Blaubereich ihre maximalen Empfindlichkeiten. Die Fähigkeit Blau zu sehen, Blaulichtanteile im Spektrum zu differenzieren und präzise auf feine Unterschiede zu reagieren ist für uns biologisch offenbar ungeheuer wichtig. Die Zusammenhänge werden aber erst erforscht.
Tageslicht im Sommer um die Mittagszeit – eine Aufforderung zu Aktivität. Die Lichtintensität ist beträchtlich. Im Lichtspektrum dominieren die Blaulichtanteile. Foto ©Shutterstock
Die steigenden Blaulichtanteile im Tagesverlauf aktivieren unsere innere Uhr. Blaulicht sagt uns, es ist Tag. Trifft das auch auf blaue Reflexionen zu, die von einer Wandfarbe oder einem Tablet ausgehen? Vermutlich nicht, denn die Blaulichtanteile im Tageslicht sind so intensiv, dass weder die wunderbarste blaue Wandfarbe noch das grösste Tablet auch nur annähernd eine vergleichbare Aktivitätsschwelle erreichen können. Es liegen Zehnerpotenzen dazwischen. Wenn ein bestimmtes Blau Sie glücklich macht, ist es eine gute Farbe für einen Raum, in dem Sie sich wohlfühlen möchten.
Abendlicht –weniger animierend. Die Blaulichtanteile haben sich um ein Vielfaches verringert. Foto ©Shutterstock
Die gesundmachende Wirkung der Natur und die krankmachende Wirkung von Schichtarbeit sind mehrfach belegt. Menschen, die bei Tag schlafen und nachts wach sind, geraten aus dem natürlichen Rhythmus, der unsere Lust- und Hungergefühle, unsere Energie und viele soziale Strukturen lenkt. Es sind vermutlich nicht die Blaulichtanteile im Kunstlicht, die krankmachend wirken, sondern die fehlenden Blaureflexionen bei Tag, die auch bei bewölktem Himmel zehntausend Kelvin überschreiten. Auf diese reagieren wir, denn wir haben uns auf die Farb-Licht-Effekte der Natur ein paar Millionen Jahre lang eingestellt. Verlassen wir uns auf die Fähigkeit, ein gesundes Leben auf Grundlage natürlicher Zeitabläufe zu führen! Verbringen Sie so viel Zeit wie möglich in der Natur. Und bringen Sie so viel Natur wie möglich in Ihre Räume – Materialien, Farben und Licht – denn sie wirken auf uns immer authentisch.
Mein Lieblingsforscher zum Thema, Russell Foster, vermutet, dass die wachmachende Wirkung von Tablets eher mit Social-Media-Posts und dem Inhalt der Nachrichten als mit blauen Reflexionen oder Lichtanteilen zu tun haben. Ich schlafe zur Zeit schnell ein, weil ich den anspruchsvollen Klassiker über AI von Max Tegmark lese. Ich empfehle Ihnen das Buch aus mehreren Gründen gerne weiter!
Danke für Ihr Interesse.