Zum Jahresende
Highlights 2023
Rot und Wein
Im November haben wir erneut eine Serie von Workshops mit anschliessendem „Farbe und Wein“-Tasting angeboten. Es war ein Genuss! Die Parallelen zwischen unserer Arbeit als Farbmanufaktur mit seltenen Pigmenten und der Arbeit engagierter Winzer im ökologischen Weinbau mit erlesenen Reben, mehr Natur und weniger Chemie haben unsere Gäste beeindruckt. Die Aufnahmen unserer Fotografin Beka Bitterli zeigen Ihnen, wie feierlich die Stimmung war. Wir bedanken uns von Herzen bei allen, die dabei waren.
Salbeigrün und Haus am Meer
Die Farben des Jahres! Zwei, die mir besonders am Herzen liegen, wie Sie den Geschichten entnehmen können
KT 17.004 Haus am Meer
Der englische Dichter William Blake sah die Wunder der Schöpfung im Kleinen, die „Welt in einem Sandkorn“ und den „Himmel in einer wilden Blume». In diesem Sinne wird auch in Eileen Grays Haus am Meer E.1027 in jedem Detail und in jeder Farbe das Leben in all seinen Facetten sichtbar. „Formeln“, schrieb sie, „sind nichts, das Leben alles. Und das Leben ist gleichzeitig Herz und Verstand“. Das zeigt sich auch im Reichtum der Farbe „Haus am Meer“. Ein farbloses Weiss hätte ihr nicht genügt, diese helle Sandfarbe ist erfüllt von Sinnlichkeit und Leben.
KT 18.021 Salbeigrün
Das erste Grün der Natur schimmert wie Gold im Frühling. Nur einen Moment lang ziert es Knospen, spriessende Gräser und Blütenblätter. Im Sonnenlicht weicht das Goldgrün einem glänzenden Blattgrün und die Blattunterseiten verwandeln sich zu dieser Farbe. Salbeigrün trägt die kühle Ruhe des Schattens in sich, opfert aber nie die erste Wärme. Im Raum ist Salbeigrün ein Verwandlungskünstler: Im Sonnenlicht kommt Gold zum Vorschein, im Schatten ein klares blaugrau, morgens ist Salbeigrün vielfarbig wie die Hoffnung, abends ruhig, wie ein stiller Trost.
Salbeigrün und Rügener Weiss, das neue kt.COLOR Naturweiss ohne Gelbstich. Was sehen wir wirklich, wenn wir Farbflächen anschauen?
Warum wir Farben sehen
Physiker Frank Wilczek stellt im Buch „A Beautiful Question“ eine umwerfend gute Frage: Warum sehen wir im Bereich zwischen 370 und 740 Nanometern Farben? Das Sonnenlichtspektrum ist riesig. Was also passiert in diesem Bereich, das für Menschen so interessant ist, dass wir ein Grossteil unserer Gehirnenergie für der Auswertung von Farbreizen verwenden?
Es stellt sich heraus, dass jede Form der Materie in diesem Bereich der Sonne Energiepakete, Photonen genannt, entzieht. Die Materie bildet mit diesen Photonen komplexe Strukturen, wie Zellen, Galaxien und Pigmente. Die Evolution hat uns mit der sagenhaften Fähigkeit ausgestattet, die Materie über Farben zu erkennen. Natürlich interessiert uns die Materie mehr als ihre Farbe, das ist die Erkenntnis, die es mir angetan hat. Damit erklärt sich das althochdeutsche Wort für Farbe („Farawa“), das auch „Gestalt“, „Form“ und „Wesen“ bedeutet. Der Sehsinn möchte immer wissen, was etwas ist, und die Farbe ist sein wichtigster Botschafter.
Der Sehsinn ist darauf ausgerichtet zu erkennen, ob etwas echt ist und Echtheit macht Freude. Versteinertes Holz, Foto von Shutterstock.
Erst im Mittelalter hat die Menschheit damit angefangen, Farbe nur noch als Färbung zu verstehen. Die Farbe hat sich vom Wesen getrennt und war nur noch Nebensache. Seither muss man oft zweimal hingucken: Ist es Holz oder Vinyl? Echt oder Falsch? Mauerwerk oder Styropor? Vulkansand oder künstlich?
Mich haben diese Versuche, die Materie anders zu verkleiden nie überzeugt. Ist nicht die Begegnung mit dem Echten immer wieder eine Quelle stiller Freude? Man weiss sofort, was es ist. Gefühle der Vertrautheit und der Wiedererkennung kommen auf. Denn das Authentische ist immer einfacher zu verstehen und es wirkt nie billig. Mit Wilczek gehe ich davon aus, dass sich unsere Schönheitsempfindung in Einklang mit der Natur und ihren Farben und Farbprinzipien entwickelt hat. Nicht zuletzt darum werden wir auch 2024 das Wahre, das Schöne und das Echte zelebrieren. Denn sie lösen positive Emotionen aus!
Ich freue mich über Rückmeldungen und wünsche Ihnen einen wunderschönen, wohltuenden Jahresausklang.
Katrin Trautwein